SchreibMotorikCHECK – 3. Digitale Analyseverfahren

Digitale Analyseverfahren

Mit digitalen Analyseverfahren die Schrift durchleuchten

Alle motorisch-kinematischen Analysen der Schreibprozesse wurden mit dem Programm CSWin durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein prozessorientiertes Diagnoseverfahren, das mit seiner speziellen Software einen Ergebnisbericht über die kinematischen Kennwerte der Schreibmotorik (Geschwindigkeit, Beschleunigung, Druck) anzeigt und den Automatisierungsgrad der Schreibprobe ermitteln kann. Alle Stiftbewegungen auf dem Papier und in der Luft werden aufgezeichnet und die Daten im Ergebnisbericht dargestellt. Die Schreibspur kann dann wie ein Video in Echtzeit oder in Zeitlupe vor- und zurückgespult werden. Auch für einzelne Sequenzen der Schreibbewegung können motorisch-kinematische Daten erfasst und Bewegungsausschnitte analysiert werden.

Der Wert der Daten für das Schreibenlernen erschließt sich erst bei der Bewegungsanalyse der Schreibspur.

Wie konnte es soweit kommen?
Welche pädagogischen “Kunstfehler” waren dafür verantwortlich?
Welch ein Leidensdruck für das Kind.
Ein fataler Zeitverlust für die Förderung nach 6 Schuljahren.

Die Datenlage: Felix, Realschüler, 6. Klasse schreibt das Wort mit perfektem Druck (0,93N), schnell mit 2,56 Hz, der Automatisierungsgrad liegt bei 1,77 NIV und 84% der Schreibbewegungen sind automatisiert, so der tendenziell positive Datenbericht.

Abb.: CSWin Analyse, Felix schreibt „Fehrkersschild”

Im Gegensatz dazu die Bewegungsanalyse der Schreibspur: Der schnelle Bewegungsablauf erfolgt völlig aus der Bewegungsrichtung und führt durch die Buchstabenverbindungen zu verzerrten und unleserlichen Wortteilen. Erst nach mehrmaligem Studium der Schreibspur werden die Entgleisungen in der Schrift nachvollziehbar. Kein Wunder, dass Felix nach einiger Zeit seine Schrift nicht mehr lesen konnte.

FAZIT: Die Datenlage zeigt insgesamt eine positive Grundtendenz in den schreibmotorischen Werten, 84% der motorischen Abläufe im Wort erfolgen automatisiert. Die Schreibspur allerdings ist chaotisch. Eine Bewegungssequenz, die zu 100% automatisiert ist findet sich im Schriftzug „ke“. Der kuriose Bewegungsverlauf zeigt die Stiftspur auf Papier, die Luftspur ist blau markiert. Der folgende Ausschnitt zeigt die Daten für das Schreibtempo, den Automationsgrad und den Wert für den automatisierten Bewegungsverlauf „ke“, gelesen von oben nach unten.

Abb.: Auszug „ke“ in CSWin

Abb.: Schriftkennwerte für „ke“ in CSWin

 

Diese Schreibanalyse am Beispiel von Felix zeigt eindrucksvoll, wie sich die kinematisch-motorischen Fähigkeiten im Laufe von sechs Schuljahren von kontrollierten zu automatisierten Spurverläufen entwickeln, unabhängig davon, ob die Spurverläufe mit effizienten Schreib-Spurverläufen als Ziel des Schreibenlernens zu tun haben.

Ein digitaler SchreibCHECK ohne die Möglichkeit der Bewegungsanalyse ist wie das Standbild eines perfekten Saltos aus einem Video mit einer zeitversetzten Bruchlandung. Oft steht das Datenprofil im Widerspruch zum tatsächlichen Bewegungsablauf. Die motorischen und kinematischen Daten für sich genommen zeigen automatisierte motorische Abläufe. Ganz im Gegensatz dazu stehen dann die aufgezeichneten Spurbewegungen im Video, die seltsame und fehlerhafte schreibmotorische Bewegungsabläufe mit verzerrten Buchstaben und Verbindungsverläufen zeigen.

Selbst erfahrenen Diagnostikern fällt es schwer, wichtige Details allein aus dem direkt beobachteten Schreibprozess sicher zu erkennen.

 

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